Frag einen… UL-Piloten!

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Frag einen… UL-Piloten!

Hallo Luca! Erst einmal vielen Dank, dass du dich für das Interview zum Thema „Ultraleicht fliegen“ bereit erklärt hast.

 

Frage: Stelle dich unseren Lesern kurz vor .

Antwort: Ich bin der Luca, 48 Jahre alt, in Deutschland seit Ende Dezember 2000, verheiratet mit meiner Frau, die Angst vor‘m Fliegen hatte (und inzwischen auch immer durch die Gegend fliegen will). Hauptberuflich bin ich System Administrator, koche gern und spiele in meiner Freizeit Trompete.

 

Frage: Wie bist du zur Fliegerei gekommen?

Antwort: Ich bin in einem kleinen Dorf in Italien 4 Km von einem Flugplatz (Biella/Cerrione) aufgewachsen und habe immer die Flugzeuge starten und landen gesehen. Meine Eltern erzählen immer noch von der Zeit, als ich als Kind immer „einen Stuhl mit Flügel“ haben wollte. Eigentlich war schon klar, dass ich das Fliegen lernen wollte…
Allerdings hätte ich bis April 2013 nicht gekonnt, denn aufgrund einer Augen-OP als Kind fehlt mir die sogenannte „binokuläre Sicht“ (räumliche Sicht). Erst in April 2013 sind die Regelungen für die medizinische Tauglichkeit (Medical) der Klassen 2 gelockert worden und jetzt darf man auch ohne räumliche Sicht fliegen. Am 23.08.2013 habe ich meinen allerersten Flug bei der Ausbildung absolviert…

 

Frage: Wie lange fliegst du schon?

Antwort: Die praktische Prüfung war am 01.03.2014 (ja, ich war ziemlich schnell, aber ich wollte auch schnell zur Lizenz…). Seitdem habe ich inzwischen etwas mehr als 500 Flugstunden als verantwortlicher Luftfahrzeugführer (schöner Begriff um den Pilot, bzw. wie in meinem Fall, den Lehrer, zu bezeichnen).
In Mai 2017 habe ich die Ausbildung zum UL-Fluglehrer absolviert und nach zwei Jahren Assistenzzeit bin ich seit Juli 2019 Fluglehrer für „aerodynamisch gesteuerten Ultraleichtflugzeuge“ (so ist in der Lizenz geschrieben). Bisher habe ich insgesamt 3 Schüler ausgebildet, zwei davon haben schon die Lizenz und fliegen fleißig durch die Gegend.

 

„Der erste Alleinflug, ein unvergesslicher Moment…für jeden Piloten!“

 


Frage: Wo fliegst du am liebsten?

Antwort: Die Ostsee, besonders in Polen, ist immer ein gutes Ziel. Allerdings gefällt es mir, immer was Neues zu entdecken, so dass ich selten die lange Strecken mehrmals fliege. Vermutlich wird es mit Italien eine Ausnahme geben, denn ich habe inzwischen keinerlei Lust mehr, 1300 Km mit dem Auto zu fahren. Wir werden deswegen alle zwei Jahren nach Italien fliegen. Die restlichen Zeiten überlegen wir immer etwas Neues. Für 2022 sind wir schon am Überlegen für die Bretagne in Frankreich… 😉

Frage: Was war dein bisher schönster Moment beim Ultraleicht Fliegen?

Antwort: Ich glaube, kein anderer Pilot wird was anderes sagen: Mein allererste Soloflug, sofort nach dem Cross-Check, als ich zum ersten Mal alleine in der Luft war! Ich habe auf diesen Moment 35 Jahre gewartet…

Abgesehen von diesem unvergesslichen Moment, natürlich die schöne Urlaubsflüge mit meiner Frau, z.B. an der Ostsee oder nach Italien. Auch lange erwartet war die Landung in Cerrione letztes Jahr.

Nachdem ich 28 Jahren lang die Flugzeuge über dem Haus meinen Eltern gesehen habe, habe ich es endlich geschafft, selber über dem besagten Haus in den Landeanflug zu kommen und an dem Flugplatz zu landen, wo ich schon als kleines Kind die Flugzeuge angeschaut habe…

Frage: Welches Erlebnis während eines Fluges hat sich besonders negativ bei dir eingeprägt?

Antwort: Naja, die Turbulenzen gehören zur Fliegerei, insbesondere in Sommer, wenn viele Thermiken gibt. Dann ist der Flug u.U. schon etwas unangenehm. Technische Pannen habe ich bisher glücklicherweise noch nicht erlebt, außer bei dem letzten Urlaub am polnischen Ostsee, als das Funkgerät sich nicht mehr einschalten wollte (Wackelkontakt). Ich musste den Motor ausschalten und versuchen, den Wackelkontakt einigermaßen zu beseitigen, aber das war kein großer Akt… Ein anderes Mal, nach einem Flug mit meiner Frau hat der Wind so stark zugenommen, dass ich mit 27 Knoten (ca. 50 km/h) 70° von der Seite landen musste. Die Landung war butterweich, aber ich hoffe, ich muss das nicht noch einmal wiederholen… Ansonsten „negativ bei mir eingeprägt“ würde ich sagen, hat sich bisher nichts.

Frage: Mit welcher Maschine fliegst du am liebsten?

Antwort: Definitiv mit der Tecnam P92. Eine Maschine der Extraklasse! Italienisches Fabrikat, sehr bequem und gutmütig, wunderbar sowohl für die Ausbildung als für lange Strecken!

Frage: Wie lief die Flugausbildung bei dir ab? Was hat besonders gut geklappt und wo gab es Schwierigkeiten?

Antwort: Wie schon gesagt, war ich ein recht schneller Schüler. Normalerweise dauert die Ausbildung ungefähr ein Jahr und ich war in 6 Monaten durch. Ich war allerdings nicht der schnellste Schüler meines Lehrers… Eine Frau hat in 3 Monaten alles geschafft.

Es lief jedenfalls alles ganz entspannt. Ich hatte auch ziemlich viel Glück mit dem Wetter. Ich habe auch „das Glück“ gehabt, während der gesamten Ausbildung mit Seitenwind kämpfen zu müssen. Die Piste in Riesa, wo ich die Ausbildung gemacht habe, ist so gelegt, dass der Wind fast immer 20-40° von der Seite kommt. Inzwischen mache ich mir keine großen Gedanken mehr, wenn ich mit Seitenwind landen muss. Meine Schüler haben in diesem Sinn bisher etwas Pech gehabt, denn der Wind in Kamenz ist selten mehr als 20-30° von der Seite…

Bei der Theorie habe ich mit ein paar anderen Leute eine kleine „Lerngruppe“ gemacht. Wir haben uns 1-2 Mal die Woche getroffen und zusammen gelernt. Sehr effizient. Die größte Schwierigkeiten habe ich bei der Landung gehabt. Ich musste den Cross-Check zweimal versuchen…

Frage: Wie viel Zeit sollte ich etwa einplanen, bis ich meinen UL-Schein habe?

Antwort: Das ist sehr unterschiedlich. Wie schon gesagt, durchschnittlich dauert die Ausbildung ungefähr ein Jahr, ich habe allerdings ein Schüler, der nach mehr als 3 Jahren immer noch nicht die Theorieprüfung versucht hat. Es ist also abhängig davon, wie viel man sich damit beschäftigen will und kann.
Man muss mindestens 30 Flugstunden absolvieren, aber wir wissen ja alle, dass je älter man wird, desto langsamer man lernt…

Fliegen lernen ist Landen lernen. Solange man die Landung nicht beherrscht, geht es nicht weiter. Bei mir hat die Ausbildung 45 Stunden gedauert. Ein andere Schüler, der mit mir die Ausbildung gemacht hat (er war gerade 17), hat das ganze in 32 Stunden erledigt, wenn ich mich nicht irre…
Wie immer, wichtig ist, dass man oft fliegt. Wenn man jedes Wochenende mit gutem Wetter fliegt, ist man in viel weniger als einem Jahr fertig.


→ Zur Website von Luca geht’s hier entlang!


Frage:
Welche Kosten kommen in etwa auf mich zu?

Antwort: Auch hier ist es sehr unterschiedlich. Die Theorie und die Gebühren sind absolut überschaubar. Was leider wirklich kostet, sind die Flugstunden. Wenn man mehrere Flugstunden braucht, zahlt dementsprechend mehr… Klingt hart, ist aber leider so…

Grob über den Daumen gepeilt muss man mit um die 5000€ rechnen. Wenn man bedenkt, dass PPL (für die, die das nicht wissen: Mit einem PPL-Schein darf man „die kleine Cessna“ fliegen) gut das Doppelte kostet, man genau dieselben Gebieten und Höhen fliegt und der einzige Unterschied ist, dass man mit PPL Maschinen fliegen darf, die mehr als nur ein Passagier tragen können, das ist schon sehr preiswert…
Auch die Kosten für die Flüge nach der Lizenz sind entsprechend günstiger. Bereits ab 100-110€/Stunde kann man mit einem UL fliegen.

Um die Lizenz „lebendig“ zu halten, muss man lediglich 12 Stunden alle 2 Jahren nachweisen, mindestens eine volle davon in Begleitung eines Lehrers. 3 Landungen in den letzten 90 Tagen sind nötig, um die Passagierberechtigung lebendig zu halten. Das ist sehr wenig! Wenn man so wenig fliegt, hat er vermutlich das falsche Hobby gewählt, aber das ist das absolute Minimum…

Frage: Wie kann ich mich auf die Flugausbildung zur UL-Pilotin/zum UL-Piloten vorbereiten?

Antwort: Für die Theorie gibt es viele gute Bücher. Ein davon habe ich auch selber geschrieben… 😉 Der Fragenkatalog, damit man den Übungsstand prüfen kann, gehört auch dazu. Inzwischen sind auch gute Fragenkataloge als App zu finden.

Für die Praxis gilt nur eins: Fliegen! Ruhig bleiben, versuchen so oft wie möglich zu fliegen, immer darauf hören, was der Lehrer sagt, sich nicht schämen, Fragen zu stellen und immer daran denken, dass jeder Pilot die erste Flüge nur überlebt hat, weil der Lehrer am Bord war. Also keine Sorge: Die Landungen à la „Käpt‘n Känguru“ hat jeder Pilot gemacht! 😉

Und immer: „Fahrt ist das halbe Leben. Höhe die andere Hälfte“. Wenn man zu langsam wird, stürzt man ab. Und bei einem Motorausfall zählt jede Zentimeter Höhe, die man vor dem Motorausfall hatte…

Frage: Wie kann ich mich auf die Flugausbildung zur UL-Pilotin/zum UL-Piloten vorbereiten?

Antwort: Für die Theorie gibt es viele gute Bücher. Ein davon habe ich auch selber geschrieben… 😉 Der Fragenkatalog, damit man den Übungsstand prüfen kann, gehört auch dazu. Inzwischen sind auch gute Fragenkataloge als App zu finden.

Für die Praxis gilt nur eins: Fliegen! Ruhig bleiben, versuchen so oft wie möglich zu fliegen, immer darauf hören, was der Lehrer sagt, sich nicht schämen, Fragen zu stellen und immer daran denken, dass jeder Pilot die erste Flüge nur überlebt hat, weil der Lehrer am Bord war. Also keine Sorge: Die Landungen à la „Käpt‘n Känguru“ hat jeder Pilot gemacht! 😉

Und immer: „Fahrt ist das halbe Leben. Höhe die andere Hälfte“. Wenn man zu langsam wird, stürzt man ab. Und bei einem Motorausfall zählt jede Zentimeter Höhe, die man vor dem Motorausfall hatte…

Frage: Was möchtest du angehenden Pilotinnen/Piloten mit auf den Weg geben?

Antwort: Fliegen hat die Menschen schon immer fasziniert. Es ist ein tolles Gefühl, die Welt von oben zu sehen. Außerdem macht es ziemlich Spaß, die Autobahnen von oben zu sehen, wenn die Autos im Stau stehen und man frei fliegt… 😉

Sonst: Ultraleicht Fliegen öffnet die Welt! Ausgenomme Flüge über dem Ozean, kann man mit einem kleinen Flugzeug (auch UL natürlich!) sehr schöne Ziele erreichen.

Und, hey! Keine Staus, kein Tempolimit, keine Kreuzungen, keine verrückten Fahrradfahrer, die dir den Weg kreuzen! 😀
Und, wenn ich einen Satz zitieren darf: „Eine 1-Km lange Straße führt nirgendwohin. Eine 1-Km lange Piste öffnet die Welt!“


Danke, dass du dir die Zeit für unser Interview genommen hast. Wir wünschen dir allzeit einen guten Flug! 🙂

Die Bilder, die in diesem Interview verwendet werden, sind freundlicherweise von Luca Bertoncello zur Verfügung gestellt worden!